Beschreibung
Seiltänze
für Violoncello und Orchester (2002-2004)
Fl.(Picc.), Fl., Alt-Fl., EsKl., Kl., Basskl., S-Sax, A-Sax, T-Sax,
Picc.Trp., Trp., BassTrp., 2 Hrn., Euphonium, A-Pos., Pos.,Bass-Tuba,
Glsp., Glocken, Almglocken, Crotales, Pauken, 2 Perc.,Cel., Git.,
Mand., Hackbrett, Hrf.,Vl.: 6, 6, 6; Vla.: 4, 4, 4; Vc.: 3, 3, 3;
(Stimmen leihweise)
Das Stück ist mit inniger Ironie vorzutragen. Nach Novalis ist innige Ironie „der Lichtpunkt des Schwebens zwischen Gegensätzen.“ Die Gegensätze Originalmelodie – Orchestrierung als autonome Körper anzunehmen, war mir ein Anliegen. Es geht darum, dass die Melodien der Originaltänze durch ein Zögern, ein Stocken, ein Verlagern, so verdreht werden, dass eine gewisse Irritation geschaffen wird, die meines Erachtens Ironie im strengen Sinn erzeugt. Es geht darum, ein Feld zu schaffen, in dem sich nicht nur der Komponist als das Subjekt sieht, sondern auch die möglichen Hörer sich frei bewegen können mittels aktivem Zuhören. Ich habe versucht Musik zu schreiben, die vieles zulässt, nicht zu sehr das Original festschreibt, sondern durch Figurationen, die echohaft im Orchester auftauchen und verschwinden, verzweigte Felder zu schaffen. Mit diesen vielschichtigen Vektorsystem wird die Originalmelodie, die festgeschriebene Struktur, aufgebrochen. Was entsteht, ist ein loses Nebeneinander, Miteinander zwischen Solist und Orchester, vielleicht. Meine persönliche Aussage entzieht sich im gleichen Augenblick, in dem sie etwas andeuten will wie ein stetes Pendeln meiner Nähe und Ferne zu den Originaltänzen selbst. Ich greife hier wieder die Auseinandersetzung mit der Landschaft meiner Kindheit auf wie ich es bereits in Lokale Musik 1-4 vor jetzt einem Viertel Jahrhundert getan hatte, Das Grundthema des Stücks: Annäherung, Entfernung, Distanz, Aufgehen, versucht bis in das kleinste Atom der Partitur zu realisieren, fern jeglichen programmatischen Wollens, aber mit der Überzeugung, dass das Material selber ab einem gewissen Punkt das einlösen kann, was Themen als geschichtlich konnotierte Metaphern in Bewegung setzen. Wichtig ist also durch Distanz und Ironie der Musik Leichtigkeit zu geben, die stets den Hörer in einem Schwebezustand lassen zwischen Erkennen und Verkennen, Identifizieren und Verirren, im Grunde genommen ein Labyrinth einzurichten, in dem sich der Hörer aktiv bewegen und seinen eigenen Weg suchen kann. Mit meiner Musik möchte ich dem Hörer die Möglichkeit geben ungebunden zu hören, um ihm nicht die ins Werk eingeschriebene, individuelle Leidenskurve des Komponisten aufzuzwingen. Dieses Gängelei hat die Neue Musik bis heute nicht geschafft aufzulösen. Dies zu versuchen, ist mein kleiner Beitrag, den man vielleicht mit dem „subrisio saltat“ ( das Lächeln tanzt) aus Rilkes fünfter Duineser Elegie umschreiben kann.